Als ich diesen Sommer durch meinen Instagram-Feed blätterte, während das Wahlergebnis die Republik und ein Erdbeben Mexiko erschütterte, stieß ich auf die Produktankündigung des Loupedecks. Die Bilder und die Idee machten mich neugierig und so schrieb ich kurzerhand die deutsche Pressestelle an und fragte nach, ob ich das kleine Schwarze (Bildmischpult) nicht einmal anprobieren bzw. testen dürfte? Wie bei einer (eher ungewöhnlich freundlichen) Polizeikontrolle wurden meine Personalien aufgenommen und man versprach sich wieder bei mir zu melden. Statt eines Bußgeldbescheids erreichte mich einige Wochen später ein Paket mit dem gewünschten Inhalt.
Nun galt es erst einmal Platz auf meinem Schreibtisch zu schaffen. Ich schob meine Bluetooth-Tastatur ein Stück näher an meinen iMac und positionierte das Loupedeck direkt vor mir. Anschließend suchte ich verzweifelt einen freien USB-Port, der mich meinem Ziel einer Bildbearbeitungskommandozentrale ein Stück näher bringen sollte. Vielleicht ist es bei neuen Produkten wie mit Neugeborenen, die grundsätzlich auch mit einem Kabel zur Welt kommen. Ein blauer Zahn würde dem Loupedeck jedoch sicher gut stehen. Bei einem momentanen Verkaufspreis von 249 Euro (Dezember 2017) fehlt dem Ganzen sonst irgendwie der Biss.

(Bild: Indiegogo)

Ich wollte nun trotzdem auf den Geschmack kommen, und so lautete der Plan Lightroom starten und loszulegen – das dachte ich zumindest. Die Loupedeck-Software verweigerte leider unnachgiebig ihren Dienst, da Lightroom 5 zu meinem Unglück nicht unterstützt wird. Da ich mit Adobes Wunderkind bis jetzt zufrieden war, habe ich das Update bis zuletzt immer wieder hinaus gezögert. Eigentlich wollte ich nach dem Erscheinen der neuen Lightroom-Version endlich diesen Schritt gehen und upgraden. Doch Adobe ließ sich bezüglich der Produktphilosophie wohl durch die Schriftzüge auf Saurons Ring inspirieren. Bevor ich ich nun das Jamba-Sparpaket der Fotografie abschließe, starte ich erst noch einmal einen letzten verzweifelten Hilferuf:

Liebes Adobe-Team,

seid ihr nicht noch auf der Suche nach einem mehr oder weniger kreativen Lightroom-Ambassador? Ich besitze in den sozialen Medien zwar keinerlei Reichweite, habe kein Wohnmobil mit meinem Namen als Hashtag auf der Außenwand und lasse auch keine Frauen in Elfenkostümen durch die Gegend hüpfen. Aber vielleicht ist bei euch ja doch noch irgendwo Platz für einen Amateurfotografen,  den ihr irgendwo in einer Besenkammer unterbringen könntet? Wenn ja, dann schreibt mir einfach eine Email an info@aufzehengehen.de.

Viele Grüße

Jonas 

(Bild: Indiegogo)

Um die Wartezeit zu überbrücken, hatte ich kurzerhand die Testversion von Adobe Lightroom CC installiert, um den Vogel doch noch in die Luft zu bekommen. Während ich die Checkliste abarbeitete, und das Kabinenpersonal noch einmal auf die Notausgänge aufmerksam machte, kam schließlich das Okay des Towers und es konnte endlich losgehen.
Die großen Regler im unteren Bereich des Loupedecks fühlen sich gut an, und man kann gezielt mit ihnen arbeiten. Um den jeweiligen Regler wieder in die Ausgangsposition zu überführen, drückt man diesen fest nach unten. Leider ist hierfür noch mehr Kraft von Nöten als bei einer Herzdruckmassage. Die Haptik der rechteckigen Tasten bewegt sich ungefähr auf einer Ebene mit dem schauspielerischen Niveau von Helene Fischer. Noch schlimmer sind allerdings die Rädchen für Farbton, Luminanz, und Sättigung. Diese sehen zwar nett aus, wirklich Spaß macht es aber nicht mit ihnen zu arbeiten.
Aus ergonomischen Aspekten hätte ich mir zudem gewünscht, dass man aufklappbare Ständer eingebaut hätte, um so den Neigungswinkel erhöhen zu können. Die hinteren Regler und Tasten zu erreichen, ist sonst auf Dauer anstrengender als Radiowerbung von Seitenbacher.

Die Software bietet eine Reihe von Anpassungsmöglichkeiten, sodass der eigene Workflow doch beschleunigt werden kann. Wer insbesondere große Menge an Bildern bewältigen muss, wie dies beispielsweise bei Hochzeiten der Fall ist, wird großen Gefallen an dem Loupedeck finden. Wer jedoch wie ich länger an einem Bild verweilt und viel mit dem Pinsel in Lightroom arbeitet, für den bleibt das Gerät – zumindest für den Augenblick – eher eine Spielerei.

Nicht mehr lange und die Bildbearbeitung wird über eine Mischung aus Sprache und Gesten gesteuert. Wann dies der Fall sein wird, wissen wahrscheinlich nur einige ausgewählte Menschen in Kalifornien. Wenn ich schon warten muss, reihe ich mich auch gleich noch in die Warteschlange für die nächsten Staffeln von GoT und Stranger Things ein. Hier habe ich vielleicht auch die Zeit mir einmal die Tastaturbefehle für Lightroom anzuschauen, um auch ohne Loupedeck ein bisschen schneller arbeiten zu können.

Beurteilung
Haptik und Ergonomie
Performance
Preis-Leistungs-Verhältnis

Wer oft große Bildmengen zu bearbeiten hat (z.B. als Hochzeitsfotograf), wird an dem Loupedeck durchaus Gefallen finden und seinen Workflow optimieren können. Auch wenn das Gerät seinen Sinn und Zweck erfüllt, gibt es durchaus einige Kritikpunkte, insbesondere die Haptik und Ergonomie betreffend. Diese sollten die Entwickler für die nächsten Version unbedingt verbessern.

Transparenz: Das Produkt wurde mir zu Testzwecken für einen Zeitraum von 2 Wochen vom Hersteller zur Verfügung gestellt.